2017

Der Nächste bitte!

Es ist ja nicht so, dass wir Supervisorinnen und Supervisoren, nur weil wir gute Menschen und manchmal auch gute Berater_innen sind, uns nicht mit unserer und anderen Nachfolgen auseinandersetzen müssten. Nicht nur die älteren unter uns müssen irgendwann den Ausstieg aus dem Berufsleben planen. Auch die Jüngeren werden älter! Nein, auch mittendrin im Berufleben und herausgefordert durch die Konkurrenz, die sich nur zu gerne schon zu Lebzeiten zu unseren Nachfolgern machen würde! Und schlussendlich auch, weil Beratungsprozesse selten ein jahrzehntelanges Beraterleben andauern. 

Also, erfahrungsgemäß beenden wir immer mal wieder Beratungen und die Kunden sind gefordert, die Nachfolge zu organisieren – mit oder ohne unsere Unterstützung.

Und mal ganz im Ernst, das ist gar nicht so einfach. Ich meine, die Beratungen von uns aus zu beenden, die wir zwar beenden aber eben auch noch weiterlaufen lassen könnten. Sind wir so korrekte und ehrbare Kaufleute wie Buddenbrock senior?

Oder sind wir nicht auch nur Marktteilnehmer_innen, die im Spannungsfeld zwischen Angebot und Nachfrage taxieren, was im eigenen wirtschaftlichen Interesse zu vertreten ist? Da, wo die Wirkung einer Dienstleistung nicht so ohne weiteres zu messen ist, gibt es halt Interpretationsspielraum und die Budgets der Kunden. Ich erinnere mich noch gut an die Aussage des Kundenbindungsmanagers eines großen Nahrungsmittelkonzerns, den ich für das Heft „Geschäftsmodelle“ interviewen durfte. Der meinte, die Ausbeutung einer bestehenden Kundenbeziehung sei wirtschaftlich allemal sinnvoller als die langwierige Akquisition neuer Kunden. Ich denke, da ist was dran, oder? Kundenbindung ist eine wichtige geschäftliche Aktivität. Demnach scheint es sehr sinnvoll, nicht zu früh Platz zu machen für einen Nachfolger, eine Nachfolgerin. Zudem wir in einem solchen Fall unser Kapital „Vertrauen des Kunden in uns“  nicht an den Nachfolger verkaufen und zu Geld machen können. Wir müssten vielmehr darauf vertrauen, dass wir auf Dauer und unterm Strich genauso häufig als Nachfolger empfohlen werden, wie wir andere als unsere geeigneten Nachfolger empfehlen. Das ist wesentlicher Bestandteil des Geschäftmodells eines sehr geschätzten Kollegen. Das bewundere ich, aber zu meiner Entlastung folgt er dennoch der Maxime: Zuerst die eigene Scheune voll. Der Kollege geht demnächst in den Ruhestand, vielleicht. 

 

Ja, auch umgekehrt, beenden unsere Kunden die Beratung in Abstimmung mit uns. Entweder ist man übereingekommen, die Beratung grundsätzlich zu begrenzen, oder aber man ist zu der Auffassung gelangt, die vereinbarten Ziele seien erreicht. Hier ist mehrheitlich die Organisation einer Nachfolge für den scheidenden Berater nicht nötig. Aber wir ausscheidenden Berater müssen schon frühzeitig daran denken, uns einen Nachfolgekunden zu organisieren, aufzubauen und die Weichen in Richtung Nachfolgeprojekte zu stellen, bevor wir auf einem toten Gleis enden.

Und unsere Kunden beenden die Beratung, obwohl wir die Beratung noch fortgeführt hätten und organisieren eine Nachfolge, von der sie sich bessere Ergebnisse versprechen.

Gibt’s denn so was? Ja, schon, man spricht nur nicht gerne darüber. Diese Kränkung ist zu groß, als das man darüber berichten möchte, schon gar nicht derart wie über die Erfolge. Nur wenn es andersrum läuft ... wir jemanden ablösen und Nachfolgende sind ... das schmeichelt besonders, wenn die Bemühungen des Vorgängers  um gute Beratungsergebnisse für erfolglos erklärt wurden und man mit uns als Nachfolger auf bessere Ergebnisse hofft. Es braucht nicht viel Phantasie, sich vorzustellen, dass man als Berater_in mal Vorgänger und mal Nachfolger ist ... ganz besonders befriedigend, wenn man sein eigener Nachfolger wird und zwischendrin eine Interimslösung  nichts getaugt hat.

Das hier ist schon fast wie im Fußball, wo selten ein Coach sein vereinbartes Vertragsende erreicht, ohne das spekuliert wird über Vertragsauflösung oder Verlängerung, potentielle Nachfolger schon auf der Tribüne sitzen oder von Experten im TV dazu befragt, gerade dazu sich nicht äußern wollen. Besonders putzig mit einem selten ernst zu nehmenden  Hinweis auf die unmoralischen Gesetzmäßigkeiten des Geschäfts und den eigenen Anstand.

Immer häufiger zu beobachten, unsere Kunden durchlaufen einen Nachfolgeprozess, die oder der Neue bringen eigene Berater_innen mit, häufig jünger, selten älter, und wir werden zeitgleich mit dem Vorgänger zum Vorgänger. Vielleicht, weil wir für die Neuen zu alt(-eingesessen) sind, zu sehr verbunden mit dem alten System, oder beides.  Das ist mir in letzter Zeit einige Male passiert und ich habe schon begonnen, an mir zu zweifeln, bis es mir wie Schuppen von den Augen fiel: ich habe den demografischen Wandel für ein Problem der anderen gehalten. Jedenfalls nicht für meins. Ich hätte es kommen sehen können, ja müssen! Wie eine sich langsam aufbauende Welle wogte die Generation der Babyboomer durch die Jahrzehnte und machte überall Probleme ... zu viele Schüler, zu viele Arbeitssuchende, zu wenig Stellen, zu wenig Wohnraum, zu viele Ansprüche, zu hohe Staatsschulden, rasende Innovationen, zu viel Produktivität, verstopfte Straßen, kaputte Brücken, zu viel Freizeit, zu viel zu essen ... und jetzt, zum Ende ihrer produktiven Phase wird sie die Rentenkassen sprengen, den Pflegenotstand auslösen und Stellen hinterlassen, für die es keine Nachfolger gibt.

Und ich bin ein Teil davon ... wenn auch als Selbstständiger zumindest bei der Rentenfrage frei zu sprechen. Und als Berater ergraue ich in Ehren, was sich zwar nicht immer so anfühlt, aber nicht zu leugnen ist. Langjährige  Kunden altern mit und lösen Nachfolgeprozesse aus, mit den beschriebenen Risiken und Nebenwirkungen fürs Geschäft. In diesem Heft von Leuten, die sich damit auskennen, als disruptive Veränderungen beschrieben. Natürlich rücken neue, häufig jüngere Kundensysteme und Kunden nach. Neben dem schönen Effekt, dass einem Berater Seniorität gut zu Gesicht steht und Vertrauen schafft, um das man sich nicht bemühen muss, weil die grauen Haare Seriosität und Erfahrung suggerieren, stellt sich doch die Frage, ob die Alten die Jungen wirklich noch verstehen. Mit den technologischen und fachlichen Entwicklungen in der Arbeitswelt sowie den Modeerscheinungen und Trends in unserer Branche Schritt zu halten bzw. sich in kluger Weise davon abzugrenzen, ist keine Selbstverständlichkeit. Hier ist der Begriff der inneren disruptiven Veränderungen einzuführen, die allein auszuhalten schon harte Arbeit ist. Aber bin ich denn wirklich schon so alt?

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